Es gibt Tage, die beginnen grau in grau und werden in ihrem Verlauf noch düsterer.
Und es gibt Tage, die beginnen grau in grau und werden in ihrem Verlauf wunderschön regenbogenfarbig.
Im Moment schwanke ich zwischen beiden hin und her, obwohl ich doch einiges mehr zum Regenbogen tendiere, weil ich fühle, dass wir unendlich sind.
Gestern ist meine Schwiegermutter über die Regenbogenbrücke gegangen. Ich hatte bereits vor drei Wochen berichtet, dass sie sich entschieden hatte, nichts mehr zu sich zu nehmen und die Familie hat ihren Wunsch zu sterben, angenommen.
Sie sprach schon länger nur noch mit Gesten und mit ihren Augen und diese Gesten und Augen-Blicke waren recht eindeutig.
Das letzte Mal, als ich sie besuchte, nahm sie meine Hand, drückte sie und küsste sie wie zum Abschied. Es zerriss mir das Herz und sie sollte recht behalten: Es war das letzte Mal, dass wir uns in die Augen sahen.
Mama hatte ein langes, erfülltes und auch ein abenteuerliches Leben. Vor mehr als 50 Jahren folgte sie ihrem Ehemann aus ihrer Heimat Indien ins unbekannte Deutschland, um für sich und ihre Familie ein besseres Leben zu erschaffen, als sie es in Indien vermochten.
Sie waren die ersten ihrer beiden Familien, die so einen kühnen Schritt wagten. Ausgestattet mit einer Idee, einem Koffer, guten Englisch-Kenntnissen und einer Menge Gottvertrauen bahnten sie sich ihren Weg durchs fremde Deutschland.
Was für ein mutiger Schritt, alles auf eine Karte zu setzen! Und welch eine Chance für ihre Familien, ihre Ahnenlinien und ihre Nachkommen!
Mein Mann und ich haben während der letzten Jahrzehnte so vieles in Heilung bringen dürfen, das im gesamten Familiengefüge wirkt und darüber hinaus auch für zukünftige Generationen.
Ich bin so dankbar für Mamas Kampfgeist, für ihre Liebe und für den Weg, den sie für sich gewählt hat – mit allen Höhen und Tiefen.
Und natürlich für ihren wunder- und liebevollen Sohn, mit dem ich seit 22 Jahren mein Leben teile.
Was kann ich sagen, als danke danke danke, Mama! Danke, dass Du warst, wie Du warst. Danke, dass Du Dir vertraut hast. Danke, dass Du dem Leben vertraut hast. Danke, dass Du Dich auf den Weg gemacht hast.
Danke auch für die vielen schönen Feste, die wir gemeinsam feierten. Für Deine Chole, das Fish Curry, die Linsen, für Puri, Roti, Naan und Co. Dass Liebe durch den Magen geht, war für Dich immer gesetzt.
Umso schwerer ist es uns gefallen, Dir auf diese Weise keine Liebe mehr geben zu können.
Jetzt gehst Du einen neuen Weg. Bist wieder vereint mit Deinem Geliebten. Schaust vielleicht gemeinsam mit ihm auf uns hernieder und kannst befreit von Deinem Körper ganz leicht und sanft auf eine Wolke schweben, um Dich dort auszuruhen. Zumindest für eine Weile.
Alles Gute für Deine Reise, Mama.
Wir vermissen Dich. Und doch wissen wir: Alles ist gut.
In Liebe
Sophia Sabine
❤🕊🤍